Über den Burgkastellan und Obmann

Ich wurde 1953 in Kirchschlag in der Buckligen Welt geboren. Als Schulkind bin ich mit meinen Eltern zum ersten Mal zur Burgruine gegangen, ohne zu wissen, was für eine große Bedeutung sie in meinem ganzen Leben haben wird. Damals war dort alles verwildert und dicht verwachsen. Aber ich war gleich fasziniert und bezaubert von der geheimnisvollen Ruine und von dem "Zapfenloch" des ehemaligen Burgtores in den Innenhof. Und auch von dem Schriftband im Nordzwinger - dem Erlöschen nahe. Einmal sahen wir als Schulkinder dort, wo jetzt der restaurierte Artillerieturm ist, einen Mann, etwas im Untergeschoß grabend und suchend. Wer das war, entzieht sich unserer Kenntnis. Wovor wir als Kinder Angst hatten - war der Burgbrunnen. Dieser war nicht abgedeckt und nur durch ein einfaches Holzgeländer geschützt. Wenn wir Steine hinein geworfen haben, dauerte es relativ lange, bis sie unten aufschlugen. Ebenfalls hatten wir einen großen Respekt vor dem Bergfried, dem so genannten Feuerturm. Er war für uns als Kinder immer unheimlich. Wenn die Eltern nur gewusst hätten, dass wir dort oft allein waren, hätte es zu Hause Ohrfeigen geben.
Damals, als ich noch ein Schulkind bzw Jugendlicher war, reifte auch schon im Hintergrund der Gedanke: «Wenn ich einmal Geld hätte und reich wäre, würde ich die Burg wieder aufbauen» - ein romantischer Gedanke eines Kindes. Danach kam für mich die Lehrzeit, der Militärdienst, die Berufszeit, der Hausbau - da gab es keine Zeit für etwas anderes. Erst nachher, später konnte man sich damit beschäftigen. Mein Wunsch- oder Traumberuf sollte eigentlich mit Kunstgeschichte und Archäologie zu tun haben. Aber leider war das nicht möglich. Das konnte man nur in der freien Zeit verwirklichen. Meine Liebe zu Geschichte hat mich dann wieder auf die Burg gerufen.

Jahrzehntelang war die Burg im Dornröschenschlaf - bis in die 70-er Jahre des 20. Jahrhunderts. Danach wurde die Burgruine von der Marktgemeinde Kirchschlag durch Tausch mit der Agrargenossenschaft erworben. Anschließend wurde der Burgerhaltungsverein gegründet, dem ich seit Mitte der 80er Jahren angehöre.
Zusammen mit einigen wenigen Freiwilligen begannen wir der Burg neues Leben einzuhauchen und den Bestand zu sichern. Zuerst wurde von der Gemeinde festgelegt, wo die Restaurierungen beginnen sollten. Am wichtigsten war die Burgbrücke zu errichten und Fundamentschäden zu beseitigen. Ein großer Rückschlag war dabei mit dem Einsturz des Feuerturms verbunden. Es gab auch damals einen riesige Mangel an Werkzeugen für unsere Arbeit. Wir haben die eigenen Werkzeuge von Zuhause mitgebracht. In den ersten Jahren, als die Freiwilligen mit den Renovierungsarbeiten begonnen haben, wurden sie leider von viele Mitbürgern belächelt. Fast niemand glaubte damals, dass die Burgruine irgendwann besonders ansehnlich sein wird - dass sie für viele Besucher einfach zugänglich wird. Dann hat ein ehemaliger Höchstrichter der Republik Österreich, dem ich sehr viel zu verdanken habe, uns Mut zugesprochen, um weiter zu machen. Später, als man schon von uns die Erfolge der Sanierungen sah, wurde es leichter, auch weil der Verein eigene Geräte und Baugerüst bekommen hat. Die Instandsetzungen und Sanierungen waren doch beachtlich und sehenswert. Im Laufe der Jahre wurde unsere Arbeit geschätzt und geehrt, zuerst durch die Republik Österreich (Bundesdenkmalamt) und anschließend von der Gemeinde. Aber mit der Zeit sind viele andere Freiwillige durch verschiedene Gründe weggefallen, und ich blieb allein, um mich um die Burg zu kümmern...

Erstaunt war ich im Dezember 2018 in Pressburg im slowakischen Nationalarchiv, als ich beim Durchsehen von Akten der Herrschaft Krumbach-Kirchschlag eine Rechnung (Quittung) aus den Jahren 1652 und 1658 von 20fl. und 12fl. 30kr., ausgestellt für «Michael Vollenhofer, Schloßaufseher allhier», gefunden habe. Wahrscheinlich war mir meine Zuneigung für die Burg in die Wiege gelegt und in meinen Genen schon vor mehreren Jahrhunderten vorprogrammiert. Dort waren z.B. auch Rechnungen von einem Rauchfangkehrer aus Wiener Neustadt für die Reinigung der Rauchfänge in der Herrschaft Krumbach-Kirchschlag-Saubersdorf zu finden. Die Rechnungen von Proffessionisten über Ausbesserungen und Reparaturen sind zur Genüge vorhanden. Die Burg wurde immer wieder in Stand gehalten, bis zum Jahr 1804, da gibt es eine genaue Zustandsbeschreibung - denn in der Burg waren in den letzten Jahrzehnten des Bestehens Mietwohnungen. In den letzten Inventarlisten sind z.B. Handmühlen angeführt. Beim Schutträumen im Südzwinger kam ein halber Mühlstein zu Vorschein, der im Lapidarium zu sehen ist. Wir haben verschiedenste Keramiken, vom Geschirr bis zum Kachelofen, gefunden. Wir freuten uns über jeden Nagel den wir fanden - beim Armbrustholzen habe ich gejubelt...

Im Laufe von Jahrhunderten sind viele Legenden und Sagen um die Burg herum entstanden. Als Kinder haben wir noch geglaubt, dass die «Brüder von Kirchschlag» aus dem Roman von P. Adolf Innerkofler historische Wahrheit wären, bis wir eines Besseren belehrt wurden. Von der «Frauenkäfig»-Legende kann jeder halten, was er will. Genau so die Sage von dem unterirdischen Gang nach Krumbach, vom Burgbrunnen ausgehend. Ich war im Burgbrunnen, aber habe davon habe ich nichts bemerkt. Historisch belegt ist von zwei Seiten, dass vom Feuerturm ein unterirdischer Gang in den Wald ging, dem man heute leider nicht mehr nachvollziehen kann. Was die Kirchschlager Volkssage vom Frauenkäfig betrifft, die erstmals im Jahre 1820 publiziert wurde, handelt es sich dort um folgendes: «Der Kirchschlager Burgherr, ein Herr von Puchheim, befand sich schon viele Jahre auf einem Kreuzzug, als das Gerücht seinen Tod verkündete. So gab sich dann seine schöne junge Gattin einem Edelmann aus der Steiermark hin. Auf einmal verkündeten vorauseilende Ritter die Rückkehr des tot geglaubten Gemahls. Die Puchheimerin warf sich ihrem Mann bei dessen Ankunft zu Füßen und bat um Verzeihung. Doch dieser vergab ihr nicht und ließ sie in einen eisernen Käfig sperren und diesen bei einem Fenster der Kirchschlager Burg hinaushängen, wo sie elend zugrunde ging. Seinen Nebenbuhler, der gerade nicht in Kirchschlag weilte, konnte der Puchheimer im Föhrenwald bei Wiener Neustadt stellen und im Zweikampf töten. Doch auch der Puchheimer hatte im Kampf eine schwere Verwundung erlitten, an der er hinsiechte und starb»... Soweit die Sage und Legende über dem «Frauenkäfig».

Nun wenden wir uns der Geschichte der Burg zu. Was wir heute noch sehen, ist nach dendrochronologischen Untersuchungen ein «Neubau» aus den Jahren um 1320. Wo der Vorgängerbau gewesen ist, weiß heute niemand mehr genau. Es könnte sein, dass er im Bereich des sogenannten «Hutkogels» war. In einer Urkunde wird von einem «Turm auf der Rieß, mit einem Tagwächter» geschrieben. Dort draußen befindet sich ein riesiger Steinhaufen.

Josef Franz Vollnhofer - Obmann des Burgerhaltungsvereines und Burgkastellan

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